Ohne Technologie kein Land in Sicht
Egal, ob es um neue Errungenschaften im medizinischen oder im umwelttechnischen Bereich geht: Ohne die Informatik ließen sich die schier unendlichen Datenmengen niemals bändigen. Drei Beispiele aus der EURAC.
Erneuerbare Energien: Welche ist die beste für meinen Standort?
Valle Gesso und Valle Vermenagna: zwei Täler in den italienischen Seealpen mit großen Wald- und Weideflächen, reißenden Gewässern, beeindruckenden Bergen. Etwa die Hälfte der Fläche ist Naturschutzgebiet. Es gilt hier also sensible Ökosysteme zu erhalten – es gibt andererseits aber auch ein wertvolles Potential an erneuerbaren Energiequellen: Sonne, Wind, Wasserkraft, Biomasse. Welche davon soll man nutzen? In welchem Ausmaß? Was ist ökologisch vertretbar und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvoll? Diese Fragen stellen sich bei energiepolitischen Entscheidungen in den Alpen allerorten: Dank der zahlreichen Quellen erneuerbarer Energie haben die Bergregionen strategische Bedeutung für die Reduktion von Treibhausgasen, doch kann die Nutzung dieser Energiequellen sich negativ auf wichtige Ökosystemleistungen wie Biodiversität, Trinkwasser, Bodenqualität oder Schutz vor Naturkatastrophen auswirken. Man muss also den bestmöglichen Kompromiss finden – aber wie? Wie die Vielzahl komplexer Faktoren einbeziehen und alle möglichen Konflikte im Blick zu behalten? EURAC-Forscher haben dafür ein innovatives technologisches Instrument entwickelt: r.green, eine Software, die „Entscheidungsprozesse bei der energetischen Planung unterstützt”, wie die Forscherin Giulia Garegnani erklärt. „Wir wollen zeigen, dass es möglich ist, erneuerbare Energien im Alpenraum auf nachhaltige Weise zu nutzen.” Die kostenlose Software zeigt nicht nur auf, welche Energiequellen in einem Gebiet zur Verfügung stehen und in welchem Ausmaß, sondern auch, welche Nutzung wirtschaftlich sinnvoll und gleichzeitig umweltverträglich ist. Dabei werden verschiedene Szenarien für den Energiebedarf entworfen und Faktoren einbezogen wie Naturschutzbestimmungen, regionale Gesetzgebung, die Wirtschaftlichkeit von Anlagen und ihr CO2-Ausstoß. Valle Gesso und Valle Vermenagna waren zwei Pilotgebiete, an denen die Forscher das System der Entscheidungshilfe erprobten. Die Empfehlung lautete schließlich, die bestehenden Wasserkraftwerke durch kleine Wald-Biomassekraftwerke zu ergänzen.
Fernerkundung: Mit wie viel Schmelzwasser kann mein Standort rechnen?
In den Alpen ist Wasser sicherlich keine Mangelware, aber auch hier sollte umsichtig mit dieser wertvollen Ressource umgegangen werden. Und so haben sich die Fernerkundungsexperten der EURAC und der Universitäten von Innsbruck und Trient zusammengetan, um ein Modell zu entwickeln, das zuverlässige Informationen dazu liefert, wie viel Wasser im Frühjahr aus der Schneeschmelze zu erwarten ist. Derlei Daten sind beispielsweise wichtig für die Bewässerung in der Landwirtschaft oder die Energiegewinnung durch Wasserkraft. Bis heute werden hierzu meist hydrologische Modelle herangezogen: Forscher füttern den Computer mit Daten – etwa über Niederschlag, Temperatur oder Sonneneinstrahlung – und aufgrund physikalischer Gesetze liefert das Modell eine annähernde Hochrechnung. Im Projekt CRYOMON testen die Wissenschaftler der drei Forschungszentren ein neues System. „Neben den reinen physikalischen Gesetzen stützt sich dieses Modell auch auf das statistische Gesetz der großen Zahlen. In der Forschung sprechen wir von einem Data Driven Model. Das ist ein offenes Modell, das mit zunehmender Datenmenge und einer entsprechend programmierten lernfähigen Sofware immer aussagekräftigere Vorhersagen treffen kann“, erklärt Claudia Notarnicola, Koordinatorin von CRYOMON. Und Daten, die dieses Modell auszuwerten hat, gibt es viele und unterschiedlichste: von den klassischen Bodenstationsmessungen über Satellitendaten, etwa zur Schneebedeckung oder dem Waldanteil, bis hin zur Errechnung weiterer Vorhersagen und Simulationen von hydrologischen Modellen. Die Software wird zunächst in drei Testgebieten zum Einsatz kommen: im Matschertal (Südtirol), Val di Genova (Trentino) und Rofental (Tirol). Ziel ist es, in drei Jahren thematische Karten für die gesamte Euregio zu erstellen.
Genforschung: Wenn Daten ständig aktualisiert werden, wie behalte ich den Überblick?
Die Genforschung hat in den letzten zehn Jahren unfassbar große Datenmengen hervorgebracht – eine Entwicklung, die sich dank technologischen Fortschritts noch beschleunigen wird. Für Wissenschaftler sind diese Datenbestände eine wertvolle Ressource, aus der sie neue Erkenntnisse gewinnen können. Die Analyse und Interpretation dieser Datenflut ist allerdings so komplex, dass dafür ausgefeilte informatische Lösungen nötig sind: Für medizinische Forscher bedeutet dies oft eine beträchtliche Hürde. EURACBioinformatiker haben deshalb ein frei verfügbares Programmpaket aus gebrauchsfertigen Analysewerkzeugen entwickelt, DINTOR, mit dem Wissenschaftler große Genom- und Proteomdatensätze für ihre eigenen Untersuchungen auswerten können. „DINTOR liefert dem Forscher ein einfach zu handhabendes Programmpaket, das ihn bei der Analyse seiner Daten unterstützt, insbesondere bei der Handhabung sich ständig aktualisierender externer Datenquellen“, erläutert der Bioinformatiker Christian Weichenberger. Wie es funktioniert, schildert er an einem Beispiel aus der Parkinsonforschung, die ein Schwerpunkt des EURAC- Zentrums für Biomedizin ist. In diesem Fall dient DINTOR zur Analyse von Daten aus einer groß angelegten genomweiten Assoziationsstudie mit über 100.000 Teilnehmern, darunter 14.000 Parkinsonpatienten. Ziel solcher Studien ist es, Veränderungen an der DNA zu identifizieren, die mit besonderer Häufigkeit bei Patienten auftreten, also wahrscheinlich mit der Entstehung der Krankheit zusammenhängen. Sind die entsprechenden DNA-Bereiche identifiziert, gilt es, den Kreis der verdächtigen Gene durch weitere Untersuchungen immer weiter einzuschränken – ein Prozess, den DINTOR, wie Weichenberger erklärt, „stark erleichtert und beschleunigt."
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